Ersterscheinung am 19.3.25 im Blog von Land.Schafft.Werte.
Für dieses Interview sprachen Catharina Thordsen und Stefan Luther mit Land.Schafft.Werte. e.V. über die Plattform AgrarKommunikation.de, die Herausforderungen der Öffentlichkeitsarbeit und warum es für Landwirte immer wichtiger wird, ihre eigenen Geschichten zu erzählen.
Danke, dass wir heute mit euch über das Projekt AgrarKommunikation.de sprechen dürfen. Aber zunächst einmal stellt euch doch einmal kurz vor.
Stefan: Hallo, ich bin Stefan Luther. Gebürtig komme ich aus Bayern. Da ich nicht vom Hof stamme, habe ich im Agrarstudium an der HSWT in Triesdorf den Schwerpunkt Marketing und Management gelegt. Verschiedene Aktivitäten in der Öffentlichkeitsarbeit, u.a. in der Jungen DLG und bei den AgrarScouts brachten mich hauptberuflich zunächst zur DLG und später zum Forum Moderne Landwirtschaft. Nebenberuflich bin ich mit einer Marketingagentur selbstständig unterwegs. Die Öffentlichkeitsarbeit der Landwirtschaftsbranche liegt mir schon sehr viele Jahre am Herzen, weswegen ich mich seit dessen Gründung im DLG-Ausschuss Öffentlichkeitsarbeit engagiere.
Catharina: Moin, mein Name ist Catharina Thordsen. Ich komme gebürtig aus Schleswig – Holstein, wo meine Eltern einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaften. Ich habe Agrarwissenschaften in Göttingen studiert und war dann in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig, bevor ich zur DLG gekommen bin. Als Vorstandsreferentin bin ich für alle organisatorischen und fachlichen Vorbereitungen des Präsidenten zuständig. Da die Öffentlichkeitsarbeit für mich eine Herzensangelegenheit ist, ist es eine großartige Aufgabe diesen Ausschuss aus dem Hauptamt zu unterstützen.
Wir wollen über das Projekt Agrarkommunikation sprechen, was ist die Idee dahinter? Erzählt mal ein weniger darüber.
Immer weniger Verbraucher haben direkten Kontakt zu Landwirten. Eine Umfrage des Forum Moderne Landwirtschaft ergab vor einigen Jahren, dass jeder dritte Deutsche noch nie mit einem Landwirt gesprochen hat. Das erklärt, warum sich Landwirte gesellschaftlich oft nicht verstanden fühlen – es gibt großen Gesprächsbedarf. Kommunikations-Initiativen, wie das Forum Moderne Landwirtschaft & Land.Schafft.Werte aber auch viele Landesbauernverbände setzen sich aktiv für die Kommunikation der Landwirtschaft ein. Die Plattform AgrarKommunikation.de ergänzt diesen Ansatz, indem sie auf die Befähigung der Landwirte setzt. Wir unterstützen Landwirte bei ihrer eigenen betrieblichen Öffentlichkeitsarbeit. Ob es nun der Umgang mit Journalisten ist, Tipps zu hilfreichen Tools für die Designerstellung oder Inspirationen für den ersten Kontakt zur hofnahen Bevölkerung – auf AgrarKommunikation.de werden verschiedenste Tipps für die eigene Kommunikation dargestellt und erklärt. Darüber hinaus findet man bei uns Materialien zur Verwendung sowie eine Übersicht spannender Termine rund um die Kommunikation der Branche. Auf ausgewählten Veranstaltungen der DLG bringen wir über den DLG-Ausschuss Öffentlichkeitsarbeit, der auch Gründer der Plattform AgrarKommunikation ist, regelmäßig Impulse und Events zur Branchenkommunikation ein. Reinschauen lohnt sich in jedem Fall.
Warum ist Agrarkommunikation heute so wichtig? Und welche Werkzeuge und Instrumente sind dabei eurer Meinung besonders wichtig?
Nach dem Wegfall der CMA im Jahr 2009 wird oft von einem Vakuum in der Kommunikation gesprochen. Dieses Vakuum und weitere Umstände, wie bspw. Lebensmittelskandale, aber auch der Wunsch zu wissen, woher unsere Lebensmittel stammen, stoßen beim Konsumenten zunehmend auf ein größeres Bedürfnis nach Transparenz entlang der Wertschöpfungskette.
Grundsätzlich war die CMA als Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft dafür verantwortlich, den Absatz von Fleisch, Milch, Geflügel, Eiern, Obst und Gemüse zu fördern und die Position der deutschen Agrarwirtschaft im In- und Ausland zu stärken. Dazu erstellte sie neben Werbemaßnahmen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Out-of-Home-Kampagnen auch Infomaterialien für Verbraucher und Multiplikatoren wie Lehrer und Journalisten.
Aus dem ursprünglichen Gemeinschaftsmarketing haben sich nach der CMA-Auflösung in den vergangenen 10-15 Jahren vielschichtige Lösungen für die Branchenkommunikation entwickelt. Die authentische Kommunikation unserer Landwirte z.B. durch das Öffnen der Hoftore, eigene Pressearbeit oder Social-Media-Aktivitäten ermöglichen es uns heute, gezielt Awareness für die heimische Landwirtschaft zu schaffen und den Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft aktiv zu gestalten. Dass dieser Dialog gelingen kann, zeigen nicht nur die großen Erfolge der Zukunftskommission Landwirtschaft, sondern auch viele kleine Erfolgsgeschichten von Landwirten, die aktiv in die Schulen gehen oder Schulklassen, die über das Programm Lernort Bauernhof auf den Betrieben die moderne Landwirtschaft gezeigt bekommen.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen in der Kommunikation?
Mit Öffentlichkeitsarbeit verbinden die meisten sofort das Stehen vor der Kamera oder die Präsentation in Social Media. Doch jedes Mal, wenn ein Landwirt unter Verbrauchern agiert, sei es in der Gemeinde, im Verein oder in der Schule der Kinder, repräsentiert er eben auch den Landwirt von nebenan. Unser Handeln und Wirken ist eine große Ressource. Das sollten wir uns öfter bewusst machen und aktiv nutzen.
Die große Herausforderung liegt allerdings darin, dass unseren Landwirten oftmals das Handwerkszeug für gelungene Kommunikation fehlt, damit sie selbst aktiv werden können, weil es nicht Teil der Ausbildung oder des Studiums ist. Genau bei dieser Befähigung setzen Netzwerke wie die AgrarScouts oder unsere Plattform AgrarKommunikation.de an. Mit Workshops, Tipps und Material wollen wir die Komplexität der Landwirtschaft herunterbrechen und veranschaulichen.
Und was kann die Branche in euren Augen aktuell noch verbessern? Oder welche Beispiele kennt ihr für eine gelungene Kommunikation?
Es gibt bereits viele gelungene Beispiele in der landwirtschaftlichen Öffentlichkeitsarbeit. Egal, ob Landwirte selbst aktiv werden, oder sich finanziell bei Kommunikations-Initiativen einbringen: Es ist wichtig, dass wir als Branche erzählen, was wir tun und wie wir das machen. Ganz wichtig ist dabei, dass wir das auf authentische Art und Weise machen. Es muss sichtbar werden, dass hinter jedem Betrieb Menschen stehen, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausüben und dafür brennen.
Selbstverständlich ist dabei immer Luft nach oben. Seit einigen Jahren schafft es die Branche auch verstärkt, aus ihrer Kommunikationsblase herauszukommen. Politik und Medien haben ein offenes Ohr, wenn es um die Themen der Landwirtschaft geht – wenn diese auch gut erzählt werden. Es gilt mehr denn je, authentische Geschichten aus der Landwirtschaft zu erzählen und Touchpoints mit der Bevölkerung zu schaffen und zu nutzen.
Welche Pläne und Visionen habt ihr noch zukünftig mit dem Projekt Agrarkommunikation? Welcher Bereich muss eurer Meinung nach noch stärker bespielt werden?
Die Website ist als Open Source Projekt zu verstehen – jeder kann mitarbeiten und seine Expertise dort einbringen. Wir freuen uns selbstverständlich auch über Feedback und Anregungen zur weiteren Entwicklung, denn die Seite ist noch lange nicht final. Die Steckbriefe der Agenturen und Initiativen sollen in den nächsten Monaten weiter wachsen und auch der Blog ist ein stetig wachsender Speicher von guten Ideen und tollen Erfolgsgeschichten.
Wie seht ihr die generelle Zukunft der Agrarkommunikation? Inwieweit lasst ihr euch von Trends beeinflussen?
Das Thema Schulbildung betrachten wir als absolutes Potential. Dies ist sowohl in Richtung der landwirtschaftlichen Ausbildung zu verstehen, in der die Öffentlichkeitsarbeit als Teil der Betriebswirtschaft verstärkt berücksichtigt werden muss. Und anderseits ist es wichtig, dass unsere landwirtschaftlichen Themen verstärkt in die allgemeinbildenden Schulen gebracht werden. Dafür gibt es bereits gute Ansätze, die weiter ausgebaut werden müssten. Als Beispiel ist hier das Projekt Landwirtschaft macht Schule anzuführen, das von i.m.a und Forum Moderne Landwirtschaft partnerschaftlich ins Leben gerufen wurde. Pädagogisch geschult und ausgestattet mit einem Methodenkoffer können Landwirte über das Projekt an Schulen vermittelt werden und den Kindern im Unterricht über den Hofalltag berichten. Und auch auf AgrarKommunikation.de wollen wir dem Thema künftig mehr Raum widmen – bleibt gespannt.